Baron Pierre de Coubertin: Der Initiator der modernen Olympischen Spiele
Einst war Olympia die Heimat der Götter. Alle vier Jahre strömten die Griechen auf die Halbinseln Peleponnes, um Zeus und den Himmlischen zu huldigen. Sie taten es mit sportlichen Wettkämpfen, die vom Ringen bis zum Weitsprung reichten. Im Jahr 393 n. Chr. verbot der römische Kaiser Theodosius die "heidnischen" Spiele. Die Gebäude verfielen, Gras bedeckte die Stätte. Doch in den 1880er-Jahren stachen Spaten in die Erde: Deutsche Archäologen gruben die Ruinen aus. Und in Frankreich träumte ein Mann davon, die Spiele selbst aus der Versenkung zu holen. Sein Name: Baron Pierre de Coubertin (1863-1937).
Der Traum beginnt mit hohen Idealen
Coubertin stammte aus altem französischen Adel. Im Militär hätte er Karriere machen können. Doch der junge Baron verfolgte eine andere Leidenschaft: die Pädagogik. In den 1880er-Jahren machte er es sich zur Aufgabe, das angestaubte französische Bildungswesen zu reformieren. Wie andere Intellektuelle seiner Zeit fand er Inspiration in der Antike. Sein Ideal war der ganzheitliche Mensch, die körperliche und intellektuelle Vervollkommnung – oder "Muskel und Geist", wie der Baron es formulierte. Er setzte sich für die Einführung des Sportunterrichts an den Schulen ein. Im Rahmen seiner geradezu missionarischen Tätigkeit kam Coubertin die Idee, Olympia dem Humus der Geschichte zu entreißen – und die Spiele in der Moderne neu erstehen zu lassen.
Ein Grieche gewinnt den ersten Marathon
1894 nutzte der Baron einen internationalen Sportkongress, um an der Pariser Universität Sorbonne das "Internationale Olympische Komitee" (IOC) zu gründen. Der Baron war gutvernetzt und konnte den griechischen König Georg I. (1845-1913) für seine Pläne gewinnen. Was anfangs wie ein eitler Traum erschien, wurde 1896 Realität: In Athen wurden die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet. 14 Nationen nahmen an den Wettkämpfen teil. Der erste olympische
Marathon startete: in Marathon natürlich. Als ein Grieche (Wasserträger von Beruf) den Lauf gewann, weinte der König Freudentränen. Am liebsten hätte Georg die Olympischen Spiele in seinem Reich behalten. Doch das IOC entschied, sie alle vier Jahre in einer anderen Stadt auszutragen. 1900 wurde Paris die Ehre zuteil. 1904 wetteiferte man in St. Louis (USA).
Coubertin: Seine letzten Jahre & wie es mit Olympa weiterging
Coubertin zog im IOC die Fäden. Er selbst erfand die Flagge mit den fünf olympischen Ringen, die erstmals 1920 in Antwerpen gehisst wurde. Doch 1925 kam es zum Eklat. Denn so fortschrittlich der Baron in manchen Bereichen war – so rückständig zeigte er sich in anderen. Coubertin weigerte sich, Frauen zu den Spielen zuzulassen. Er donnerte: "Eine weibliche Olympiade wäre uninteressant, unattraktiv." Das IOC sah es anders und überstimmte seinen Gründer. Verbittert zog sich Coubertin zurück. Er verbrachte seine letzten Jahre in der Schweiz. Die Nazi-Olympiade von 1936 in Berlin verfolgte der Adlige mit Sympa thie, was viele ihm bis heute übel nehmen. 1937 starb er in Lausanne. Sein Herz wurde beigesetzt, wo er es verloren hatte: 2024 kehren die Olympischen Spiele in Coubertins Geburtsstadt Paris zurück. Und noch immer gilt der Satz, der ihrem Vater zugeschrieben wird: "Dabeisein ist alles!"
Dieser Artikel erschien zuerst in der Printausgabe von 7 TAGE. Weitere spannende Star-News liest du in der aktuellen 7 TAGE – Jede Woche neu am Kiosk.