Duffy bricht ihr Schweigen: "Ich wurde vergewaltigt, unter Drogen gesetzt und tagelang festgehalten"
Es sind grausame und überaus verstörende Erinnerungen, die Sängerin Duffy im Februar 2020 mit der Öffentlichkeit teilt. Nach rund zehn Jahren Funkstille meldet sich die "Mercy"-Interpretin völlig unerwartet zu Wort und lässt mit ihrer Erzählung jeden brutalen Thriller harmlos aussehen. "Wenn Sie dies lesen, muss ich Sie warnen, dass es Informationen enthält, die einige als beunruhigend empfinden könnten. Diese Geschichte geht nirgendwohin, sie wird online bleiben. Wenn Sie nicht in der Lage sind, das Leiden eines anderen Menschen oder die Schilderung desselben zu ertragen, empfehle ich Ihnen, nicht weiterzulesen", warnt Duffy ihre Fans in einem offenen Brief, den sie am 5. April 2020 auf ihrer eigenen Website veröffentlicht.
Doch bevor die Ausnahmekünstlerin, die bereits als Nachfolgerin von Amy Winehouse (†27) gehandelt worden ist, den 18.971 Zeichen langen Text online stellt, schockiert Duffy die Welt bereits am 25. Februar mit folgenden Zeilen in einem Instagram-Post: "Viele von Ihnen fragen sich, was mit mir passiert ist, wohin ich verschwunden bin und warum. [...] Die Wahrheit ist, und bitte glauben Sie mir, dass es mir jetzt gut geht und ich in Sicherheit bin, dass ich vergewaltigt und unter Drogen gesetzt wurde und einige Tage lang gefangen gehalten wurde. [...] Ich kann Ihnen sagen, dass in den letzten zehn Jahren, in den Tausenden und Abertausenden von Tagen, in denen ich mich dafür eingesetzt habe, wieder den Sonnenschein in meinem Herzen zu spüren, die Sonne jetzt scheint." Dabei kündigt Duffy an, Kontakt mit einem Journalisten aufgenommen zu haben, dem sie "alles erzählt" habe. In den darauffolgenden Wochen soll ein gesprochenes Interview der Musikerin erscheinen, in der sie alles über den traumatischen Vorfall ans Licht bringt - doch dazu kommt es nie!
Einen Monat später, am 21. März, liest die Radio-Moderatorin Jo Whiley in ihrer "BBC Radio 2"-Sendung eine E-Mail von Duffy vor, die ihr die "Warwick Avenue"-Interpretin zugeschickt habe. Darin heißt es: "Ihr habt vielleicht die Worte gelesen, die ich vor ein paar Wochen geschrieben habe. Ich fühle mich freier. Ich wollte ein mündliches Interview folgen lassen, aber das ist schwieriger, als ich dachte. Ich werde es bald schriftlich nachholen." Statt Antworten auf die wohl meistgestellten Fragen teilt Duffy den nie veröffentlichten Song "Something Beautiful" mit den Radio-Zuhörern. "Es ist einfach etwas, das ihr den Leuten in diesen schwierigen Zeiten [gemeint ist die Corona-Pandemie 2020, Anm.d.Red.] im Radio vorspielen könnt, wenn ihr den Song mögt, wenn er die Stimmung hebt. Ich habe nicht vor, es zu veröffentlichen", schreibt die zu diesem Zeitpunkt 38-Jährige. Es ist das erste Lied, das Duffys Fans seit 2015 von ihr zu hören bekommen. Damals hat die Britin drei Songs zum Soundtrack des Kinofilms "Legend" beigesteuert - danach wird es plötzlich still um sie.
Ihr Vergewaltiger verschleppte sie in ein anderes Land - "Er wollte mich töten"
Anfang April 2020 offenbart Duffy schließlich, was wirklich passiert ist, "da ich versprochen habe, mich zu gegebener Zeit zu melden". An ihrem Geburtstag (es ist unklar, an welchem Geburtstag genau) wird die Musikerin in einem Restaurant unter Drogen gesetzt. Völlig zugedröhnt wird Duffy in ein anderes Land gebracht, wie sie berichtet: "Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, dass ich in das Flugzeug gestiegen bin und auf dem Rücksitz eines Reisewagens gelandet bin. Ich wurde in ein Hotelzimmer gebracht und der Täter kam zurück und vergewaltigte mich." An was sie sich sehr wohl erinnern kann, sind die heftigen Schmerzen nach der Tat und wie sie krampfhaft versucht habe, bei Bewusstsein zu bleiben. Am nächsten Tag habe der Mann sie ignoriert, nicht angesehen, Duffy soll stets hinter ihm laufen - und sie gehorcht, denn: "Ich hätte von ihm entsorgt werden können."
Als er schläft, überlegt Duffy, in die Nachbarstadt zu fliehen, doch ohne Bargeld und mit der Angst, dass er sie am Ende als vermisst meldet, erscheint ihr der Plan zu riskant. Sie erträgt weitere Tage in Gefangenschaft, bis der Täter mit ihr zurück nach Hause fliegt. In ihrem Heim angekommen, gesteht ihr der Mann, "dass er mich töten wollte". Dann beginnt ein Kampf um Leben und Tod: "Mit den wenigen Kräften, die ich noch hatte, rannte ich instinktiv los und suchte mir einen Ort zum Leben, den er nicht finden konnte." In ihrem offenen Brief spricht Duffy davon, dass die ganze Entführung vier Wochen lang angedauert habe und sie in ihrer eigenen Wohnung unter Drogen gesetzt worden sei. Ob sie dort erneut vergewaltigt worden ist, kann sie nicht sagen.
Genaue Angaben zur Identität des oder der Angreifer macht Duffy nicht, außer dass ihr Vergewaltiger "noch auf freiem Fuß" sei. Wann oder wo sich der Überfall ereignet hat, behält die Grammy-Gewinnerin ebenfalls für sich. Da sie jedoch davon spricht, dass sie die Vergewaltigung "ein Jahrzehnt" lang geheim gehalten hat, ist davon auszugehen, dass es relativ kurz nach der Veröffentlichung ihres zweiten Studioalbums "Endlessly", das im November 2010 erschienen ist, passiert ist.
Suizidgedanken: Duffy wollte "für immer vergessen werden"
"Nachdem es passiert war, kam jemand, den ich kannte, zu mir nach Hause und sah mich auf meinem Balkon, in eine Decke gehüllt, ins Leere starrend. Ich kann mich nicht erinnern, nach Hause gekommen zu sein. Die Person sagte, dass ich eine gelbe Farbe hatte und wie ein Toter aussah", berichtet die Britin. Wochenlang habe Duffy nach dem Vorfall im Bett gelegen, kein Wort gesprochen und ausschließlich an die Decke gestarrt. Ihre größte Herausforderung: wieder einen Sinn in ihrem Leben zu finden. Der Polizei erzählt sie zunächst nichts, zu groß ist die Angst, dass der Täter sie dadurch aufspüren und töten könnte. Deshalb sei sie in den ersten drei Jahren nach der Entführung auch ganze fünf Mal umgezogen, stets auf der Flucht vor ihrem Täter. "Die Vergewaltigung hat mich meiner Menschenrechte beraubt, ein Leben in Unabhängigkeit von Angst zu führen", schildert die Sängerin. Sie sei "stark selbstmordgefährdet" gewesen. "Ich zog meinen Pyjama aus, warf ihn ins Feuer und zog einen neuen an. Mein Haar war so verknotet, weil ich es nicht gebürstet hatte, dass ich es in meiner Trauer ganz abschnitt", offenbart Duffy. Und fügt hinzu: "Vergewaltigung ist wie lebender Mord, man ist am Leben, aber tot."
Nach dem traumatischen Vorfall sei Duffy ausgewandert, in einem fremden Land wie Frankreich habe sie einen Neustart wagen und "vielleicht Blumenhändlerin oder so etwas werden" wollen. "Obwohl ich fast unauffindbar war, träumte ich davon, einen anderen Haarschnitt, einen neuen Namen und einen Freund zu haben und für immer vergessen zu werden", erklärt Duffy. Die Angst davor, dass ihre Geschichte zukünftige Liebhaber oder Geschäftspartner abschrecken könne, sei schuld daran, dass sie sich erst im Frühjahr 2020 der Öffentlichkeit anvertraut hat. "Ich dachte, dass die öffentliche Bekanntgabe meiner Geschichte mein Leben emotional völlig zerstören würde, während das Verschweigen meiner Geschichte mein Leben noch viel mehr zerstörte."
Verwendete Quellen: duffywords.com, Instagram, BBC Radio 2
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