Worum geht es wirklich, wenn Influencer Werbung für etwas machen?
Erst letztes Jahr machte der Hydro-Hype-Skandal seine Runden in der Influencerwelt. Marvin Wildhage legte damals Influencer rein, indem er sie eine Fake-Creme bewerben lies. Der Clou: Auf der Verpackung der Creme standen ziemlich wirre Zutaten, wie beispielsweise Uran und Asbest. Man hätte also eventuell mal darauf kommen können, dass diese "Creme", die übrigens aus purem Gleitgel bestand, gar nicht soooo gut ist – und dass es vor allem keinen Vorher-/ Nachher-Effekt geben KANN, den so manche Influencerin ungeniert in die Kamera versprach und mit Bildern (???) belegte.
Die Hydro-Hype-Videos von Marvin und das große Finale von Leon Machère dazu, sollte jeder mal gesehen haben. Man wechselt fast minütlich zwischen fassungslosem Kopfschütteln und herzlichem Lachen, weil es wirklich unterhaltsam ist. Und gleichzeitig war dieses Konzept völlig neu. Dass jemand, der selbst eine so große Reichweite hat, Kritik an Influencern übt, kannte ich vorher eigentlich nur von diesem einen misogyn angehauchten "Bildschirmkontrolleur" – und damit konnte ich nichts anfangen. Marvin hingegen schafft es, Kritik auszusprechen, die humorvoll und clever verpackt ist und ist gleichzeitig sensibel für mögliche Shitstorms gegen die Influencer. Das haben wir gebraucht. Und Marvin hat wieder zugeschlagen. Dieses Mal mit dem Fake-Kinofilm "A hole".
Marvin und sein Team haben einen grottenschlechten Film produziert (nein, wirklich, er ist wahnsinnig langweilig, ich habe genau 5 Minuten durchgehalten) und wollten diesen durch eine aufwendig organisierte Fake-Premiere von Influencern bewerben lassen. Dieses ganze Spektakel um den Prank kann man sich aktuell auf Joyn in mehrere Folgen anschauen und das lohnt sich. Denn zum einen ist es interessant zu sehen, wie viel Arbeit in diesem Projekt steckt, zum anderen löst es eine gute Debatte aus um die Frage: Worum geht es wirklich, wenn Influencer Werbung für etwas machen?
Der Grundgedanke war mal folgender: Menschen erstellen witzige, informierende oder inspirierende Inhalte auf einer Plattform, bauen sich über Jahre hinweg ein Vertrauen auf und streuen hin und wieder eine (zu den Inhalten passende) Empfehlung für Produkte. Die Creator können sich dadurch finanzieren, Unternehmen machen Werbung mit Menschen, die eine hohe Glaubwürdigkeit und Reichweite besitzen und die Follower bekommen sinnvolle Produkte empfohlen. Win-Win-Win. Ich habe allerdings das Gefühl, dass dieser gute Grundgedanke irgendwo verloren gegangen ist und man als Unternehmen heute einfach eine Meinung, anstatt die Reichweite einkauft. Und das fällt früher oder später allen dreien auf die Füße.
Dass was Marvin geschaffen hat, ist nicht nur lustig, sondern eben auch wichtig. Wenn es dazu führt, dass Influencer und deren Managements bei jeder Kooperationsanfrage vielleicht eher dreimal über die Briefings lesen und nicht sofort "JAAA" schreien, sobald das große Geld winkt, dann ist das doch eine gute Sache.
Denn im Endeffekt – und das muss man auch mal so deutlich sagen – lügen sie sonst die Leute an, wegen derer sie überhaupt erst die Möglichkeit haben, in diesem Bereich zu arbeiten. Im Fall "A hole" ist es nicht mal das Problem, dass sie zur Premiere erschienen sind, sondern eben, dass manche von ihnen gelogen und den Film beworben haben, obwohl sie (und dazu gibt es Aufnahmen) den Film offensichtlich schlecht fanden. Ganz schön dreist.
Und was sie offensichtlich nicht sehen: Sie verdienen zwar kurzzeitig das große Geld, aber verzocken dabei ihr wichtigstes Gut in dieser Branche: ihre Glaubwürdigkeit. Ein Influencer, dem die Leute nicht (mehr) vertrauen? Ich glaube, dessen Tage sind gezählt. Zurecht?
Ihr wollt das nächste Thema von Vanys Kolumne mitbestimmen? Schaut ganz einfach auf ihrem Instagram-Account "vany.schreibt" in ihrer Story vorbei! Hier geht's lang!