River Phoenix: So höllisch war seine Kindheit in der Sekte
Sie nannten sich „Die Kinder Gottes“. Ziel war ein Überleben nach dem drohenden Weltuntergang und ein Miteinander in „brüderlicher Liebe“ nach christlichen Grundsätzen. Das klang zunächst harmlos. Ein bisschen verrückt, aber friedlich. Doch die Sekte des Gurus David Berg (†75), in der River Phoenix (†23) aufwuchs, hatte viele Schattenseiten.
Als der spätere Schauspieler drei Jahre alt war, schlossen sich seine Hippie-Eltern Heart und John ihnen an. Sie mussten sämtliche Besitztümer an die Gemeinschaft abgeben und konnten nur durch das Sammeln von Spenden oder den Verkauf von Büchern und CDs eigenes Geld verdienen. Um die Familie finanziell zu unterstützen, spielte River mit sieben auf der Straße Gitarre. Die Kinder der Vereinigung wurden oft von ihren Müttern und Vätern getrennt und lebten in fremden Gruppen. So sollten sie das Gefühl bekommen, dass alle Mitglieder eine einzige große Familie seien. Was das für tiefe Wunden auf Kinderseelen hinterlassen haben mag, kann man sich vorstellen.
Frauen wurden zum Sex gezwungen
Als die ersten Aussteiger sich Ende der 70er-Jahre offenbarten, rückte die Sekte ins Licht der Polizei. Junge Frauen sollten durchs sogenanntes „Flirty Fishing“ Männer als neue Mitglieder anlocken. Das war nichts anderes als Prostitution. Davon berichtete später auch Rivers Mutter Heart. Noch schlimmer: Angeblich wurde sogar sexueller Missbrauch an Kindern gebilligt. Ob River davon etwas mitbekam oder gar selbst Opfer wurde, hat sie nie erzählt. Wohl aber, wie unerträglich das Leben unter der Führung des herrischen Gurus irgendwann wurde. 1978 kehrten sie den „Kindern Gottes“ den Rücken und mussten noch einmal ganz von vorn anfangen. River, der älteste Sohn, erwies sich als zuverlässiger Helfer, der seine Eltern unterstützte und schon als Zehnjähriger überall mit anpackte.
Die erste Auszeichnung bekam er mit 15
Dank eines Jobs als Sekretärin beim TV-Sender NBC in New York, konnte Heart Phoenix ihre hübschen Kinder in Produktionen für Werbespots unterbringen. Die fünf hatten schnell eine eigene Agentin, die sie zu verschiedenen Talentwettbewerben brachte. Besonders die beiden Jungs machten ihre Sache gut, und River konnte mit zwölf seine erste große TV-Rolle einheimsen. Er spielte fast ein Jahr lang in „Sieben Bräute für sieben Brüder“ und sein Bruder Joaquin (49), der noch heute ein erfolgreicher Darsteller ist, hatte ab und zu darin einen Gastauftritt. Es folgten zwei Fernsehfilme, für „…und fanden keinen Ausweg mehr“ wurde er 1985 mit dem „Young Artist Award“ geehrt und „Die Flucht ins Ungewisse“ (1988), wo er die Hauptrolle übernahm, bescherte ihm eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller.
Er flüchtete sich immer wieder in Drogen
Der endgültige Durchbruch kam ein Jahr später mit dem Kinohit „Stand by Me – Geheimnis eines Sommers“. Meist mimte er nachdenkliche, sensible, junge Männer, manche waren gebrochen und verzweifelt. War er darin so überzeugend, weil er sich selbst spielte? Seine Familie und enge Freunde wussten, dass er sich regelmäßig mit Drogen betäubte. In der Nacht zu Halloween 1993 konsumierte er im Nachtclub „The Viper Room“ einen Cocktail, der für ihn tödlich wurde. Bei der Autopsie fand man später Kokain, Heroin, Canabis, Diazepam und Alkohol in seinem Blut.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Print-Ausgabe der "Frau mit Herz".