Thilo Mischke: ARD servierte ihn wegen Shitstorm ab
Über diesen Job konnte Thilo Mischke (43) sich nur kurzzeitig freuen: Ende 2024 hieß es, dass der Journalist das Moderationsteam der Sendung "ttt – titel thesen temperamente" in der ARD verstärken soll. Allerdings gab es nach dieser Bekanntgabe einen großen Aufschrei, denn viele haben Thilos umstrittenes Buch "In 80 Frauen um die Welt" aus dem Jahr 2010 noch nicht vergessen. Unter anderem sexistische und rassistische Sprache werden dem Journalisten in Bezug auf sein Buch vorgeworfen. Der Druck auf die ARD wurde so groß, bis sich die Sendergruppe schließlich von Mischke trennte. Für den Autoren eine schwierige Situation. Er musste sich erst einmal zurückziehen, wie er kürzlich im Interview mit der "Zeit" erklärte: "Als der Shitstorm losging, kam ich von einer Recherche aus Syrien. Davor war ich zwei Wochen in Japan gewesen, davor in den USA. Ich habe Zeit benötigt, um mich fundiert mit der Kritik auseinanderzusetzen. Das war im Sog der Empörung und der Vielzahl an Vorwürfen kaum möglich." Glücklicherweise hatte er sein Umfeld, welches ihm half, etwas zur Ruhe zu kommen: "[Ich] habe versucht, gesünder zu werden, weil mich die ganze Sache emotional natürlich mitgenommen hat. Und ich habe mich um mein soziales Umfeld gekümmert, meine Freunde, meine Familie. Man unterhält sich und versucht, sich und anderen zu erklären, was da passiert ist. Aber es kann kaum jemand nachvollziehen".
Thilo Mischke: Wie kam es zu dem umstrittenen Buch?
Um die Thematik und schließlich auch sich zu erklären und zu verteidigen, legte Thilo Mischke im "Zeit"-Interview dar, wie es damals eigentlich zu diesem umstrittenen Buch gekommen ist. Tatsächlich war zunächst eine Kolumne im "Playboy"-Magazin geplant, doch rasch entwickelte sich die Idee für ein ganzes Buch. Den Titel "In 80 Frauen um die Welt" empfand Mischke zunächst als zu obszön, ließ sich aber schließlich darauf ein. Es ist jedoch nicht nur der Titel, der vielen Menschen böse aufstößt, sondern auch einige Sexszenen. Hierzu stellte der Journalist im "Zeit"-Interview klar:
Die Sexszenen sind alle erfunden. [...] Ich hätte das viel früher deutlich machen müssen. Natürlich sind meine Erfahrungen mit eingeflossen, aber genauso Erfahrungen von Freunden, Filmszenen. Es ist Literatur.
Er selber erkennt, dass der Protagonist sexistische und rassistische Züge aufweist. Jene Figur hat jedoch nichts mit seiner wahren Person zu tun. Dass ihm dennoch deswegen berufliche Konsequenzen drohten, macht ihn sprachlos: "Diese Debatte, ob ich eine Kultursendung moderieren darf, wurde ohne mich geführt. Das hat mir die Beine weggerissen."
Thilo Mischke: Bittere Abrechnung mit der ARD
Vorwürfe für die entstandene Situation macht Thilo Mischke vor allem der ARD. Diese wussten zuvor natürlich um sein in der Kritik stehendes Buch. "Es war ein kafkaesker Albtraum. Ganz am Anfang standen noch alle Kulturchefs hinter mir. [...] Es ist dann aber gekippt", offenbarte der Autor im "Zeit"-Interview. Die vielen Berichterstattungen führten schließlich dazu, dass die ARD ihn gefeuert hat. Laut Mischke wurde ihm diese Entscheidung über einen Anwalt mitgeteilt und ihm 6.500 Euro schlussendlich überwiesen. Ein kleiner Trost, wenn man bedenkt, welchen Schaden der Ruf Thilo Mischkes in der Zeit erlitten hat. Gecancelt fühlt sich der 43-Jährige dennoch nicht: "Nein. Die ARD hat versagt. In deren Statement steht im Prinzip, dass jeder Mitarbeitende der ARD entlassen werden kann, wenn man etwas in seiner Vergangenheit findet, das sich für eine Kontroverse eignet."
Verwendete Quellen: Zeit