WM 2022 in Katar: Flitzer mit gleich drei politischen Botschaften
Aber der Reihe nach. Eigentlich war es ein ganz normales, eher etwas dröges Vorrundenspiel der Mannschaften aus Uruguay und Portugal, das am Montagabend um 20 Uhr angepfiffen wurde und so dahinplätscherte. Doch in der zweiten Halbzeit passierte etwas, das wohl noch länger für Diskussionen sorgen wird: Ein Flitzer stürmte den Rasen des Lusail-Stadions.
Doch es war kein gewöhnlicher Flitzer: Der Mann brachte gleich drei Botschaften auf den WM-Rasen: Er hatte eine Regenbogenflagge dabei, trug auf seinem Shirt Aufdrucke für den Frieden in der Ukraine und die Solidarität mit den iranischen Frauen. Eine Regenbogenflagge schwenkend, stand auf der Vorderseite seines blauen Superman-Shirts "Save Ukraine" und auf der Rückseite "Respect For Iranian Women."
Doch wie es bei Fußball-Übertragungen üblich ist, bekamen die Zuschauer von den Geschehnissen auf dem Platz kaum etwas mit - denn die FIFA versucht während der WM in Katar politische Botschaften zu unterbinden. Auch deswegen war die "One Love"-Regenbogenbinde, die unter anderem Manuel Neuer tragen wollte, unter Androhung von Sanktionen untersagt worden - was sogar die Bundesregierung auf den Plan rief.
Tom Bartels übt heftige FIFA-Kritik: "Das ist dann Zensur!"
Und so war auch bei dem Flitzer am Montagabend die internationale Regie peinlich genau darauf bedacht, andere Dinge zu zeigen als eben diesen Flitzer: Zuschauer oder Spieler in der Nahaufnahme etwa. Das missfiel ARD-Kommentator Tom Bartels, dem aufgrund des Vorfalls der Kragen platzte. "Hat man das wirklich nötig, das wegzuschneiden?", so Bartels, der ergänzte:
Das ist für mich auch einfach lächerlich.
"Lasst ihn dieses Zeichen setzen!", so der 57-Jährige, der mit heftiger Kritik am Weltverband nicht hinterm Berg hielt:
Das ist nun wirklich nicht gegen die Fifa-Charta, für die Werte, für die auch die Peace-Fahne steht. Jeder weiß doch, dass etwas passiert ist. Es wirkt geradezu grotesk, wenn das von der Regie nicht gezeigt wird. (....) Das ist dann Zensur und das hat die Fifa nicht nötig!
Auf den sozialen Netzwerken verbreiteten sich schnell Fotos und Videos des Flitzers. Bereits während des Spiels wurde der Mann, bei dem es sich um den Italiener Mario Ferri handelt, als "mutigster Flitzer aller Zeiten" gefeiert.
Von den "dicksten Eiern auf dem Globus" war die Rede.
"Ich hoffe, dem Jungen passiert nichts"
Auch im Stadion gewann "Supermann" Sympathien: Nachdem er von drei Ordnern vom Platz geführt wurde, gab es laute Buh-Rufe.
Ich hoffe, dem Jungen passiert nichts. Wir alle haben seine Botschaft verstanden, die ganze Welt hat sie verstanden,
äußerte sich Portugals Ruben Neves besorgt.
Flitzer wieder auf freiem Fuß
Am Dienstagvormittag gab es ein Update: Die "FAZ" berichtete unter Berufung auf das italienische Außenministerium, dass der Italiener nach kurzem Arrest freigelassen worden sei. Weitere Konsequenzen müsse der 35-Jährige offenbar nicht befürchten.
„Das Außenministerium hat den Fall zusammen mit der italienischen Botschaft in Doha verfolgt“, teilte das Ministerium der Nachrichtenagentur AFP mit, ohne weitere Angaben zum Aufenthaltsort des Mannes zu machen. „Nach einem kurzen Arrest wurde der Mann von den Behörden ohne weitere Konsequenzen freigelassen.“
Bittere Kritik für Tom Bartels: "Tolle Doppelmoral"
Während der Italiener, der in seiner Heimat bereits unter dem Spitznamen "Der Falke" Bekanntheit erlangte, von der Welt gefeiert wird, muss Tom Bartels bei Twitter auch Kritik einstecken:
Tom Bartels mit toller Doppelmoral. JEDER Flitzer wird rausgecuttet und von Kameras nicht gezeigt. Das ist schon auch bei der Bundesliga ganz normaler Ablauf. Katar ist scheiße, aber, bitte Leute, macht euch doch nicht selber lächerlich.
Kann einer Tom Bartels mal sagen, dass seit Jahren Flitzer weggeschnitten werden? Bei allem was Recht ist, diese Zensur hat nun nichts mit der Flagge zu tun. #PORURU
Verwendete Quellen: ARD-Sportschau, Twitter, ntv.de, faz.net