Prinz Joachim: Einsamer Besuch in der Heimat

Er steht stramm. Ein guter Soldat, der er ist. Prinz Joachim (54) weiß, was von ihm erwartet wird: verborgen bleiben. Er steht dicht an der Flügeltür, die auf den Balkon von Schloss Christiansborg führt. Aus der Ferne, aus der Tiefe, dringt der Lärm Zehntausender. Joachim sieht sie nicht. Und niemand sieht ihn. 

14. Januar, 15 Uhr: Die Stunde hat geschlagen. Nur wenige Schritte, und Joachim stünde auf dem Balkon. Doch er kennt seinen Platz. Er sieht, wie sein Bruder Frederik (55) durchatmet. Haltung! Der neue König schreitet an ihm vorbei. Der Erstgeborene tritt ins Licht. Wie fern wirkt der Mann, mit dem Joachim aufwuchs. Tosender Applaus, Jubel, die Freude der anderen. Joachim blickt auf Frederiks Rücken. Dahinter grauer Himmel. 

Joachim Holger Waldemar Christian, Prinz zu Dänemark, Graf von Monpezat: Das wird er immer bleiben. Was geht ihm durch den Kopf, während Premierministerin Mette Frederiksen (46) seinen Bruder dreifach proklamiert? Während Königin Mary (51) auf den Balkon tritt, und ihre vier Kinder nach wenigen Augenblicken folgen? 

Königin Margrethe: Grenzt sie ihre Familie aus?

Wahrscheinlich denkt Joachim an seine Lieben. Sie sind nicht hier. Nicht Marie (47), die in Washington geblieben ist. Nicht Henrik (14) und Athena (12), seine jüngsten Kinder. Sie müssen in die Schule, sagt der Hof. Ha! Wo ist Nikolai (24)? Er sucht sein Glück in Australien. Felix (21) wohnt in Kopenhagen. Vielleicht verfolgt er die Zeremonie im TV. Das kann ihm keiner verbieten. 

Niemand hat die Menschen eingeladen, die Joachim am meisten bedeuten. Erst nahm Königin Margrethe II. (83) seinen vier Kindern, ihren Enkeln, die royalen Titel. Kaltblütig. Dann wurden die degradierten Royals, als der Thronwechsel geplant wurde, einfach ignoriert. Gut, verstanden, wir gehören nicht dazu… 

Ein "Hurra" dringt durch die geöffnete Balkontür. Acht weitere Male erschallt der Ruf. Der neue Monarch wird akklamiert. Joachim weiß: Ihn würden sie nicht bejubeln, die guten Dänen. Frederik X. heben sie in den Himmel. Sie bescheren ihm Beliebtheitswerte um die 80 Prozent. Er, Joachim, kriecht im einstelligen Bereich. Der ewige Versager! 

Ob er sich vor der "Krönung" mit seinem Bruder gezofft hat, verrät Joachim niemandem. Er will nicht Kain sein. Er ist loyal. Aber die Wut bleibt. Er sieht von innen, wie Königin Mary dem Volk winkt. Ein hübscher Rücken kann auch entzücken… 

Wie heißt es noch mal in der Dreigroschenoper? "Denn die einen sind im Dunkeln und die anderen sind im Licht." Joachim weiß, wohin er gehört. Sein Bruder kehrt zurück. Die Balkontür schließt sich. Das war’s wohl.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Printausgabe von WOCHE DER FRAU

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